Ökotainment beschäftigt sich mit emotionaler Klimaintelligenz, mit der Kultur und Emotion von solarer Effizienz und Ökologie. Problem: wir leben in einer heiteren Ausredengesellschaft, die davon überzeugt ist, dass es nicht geht. Wir können nicht einfach kleinere Autos fahren. Wir können doch nicht einfach weniger Fleisch essen. Und schreck: Die Energiewende frisst uns die Haare vom Kopf! Energiesparlampen machen Krebs! Und Biotomaten sind doch nur Schwindel.

Gegen diese massiven Bauchgefühle helfen Argumente nur bedingt, da braucht es jede Menge Vibrations. Trotz oberflächlichem, grünem Trend tobt ein heftiger Kulturkampf gegen die echte Nachhaltigkeit. Die brumm-brumm Fraktion ist immer noch gut dabei. Mit Ökotainment will Martin Unfried nichts weniger als die Herzen des Mainstreams gewinnen.

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16.07.2016 | Samstag | Ökosex | Schlusspunkt

Von Ökosex zum Heizungsverbot

Beim Brandschutz verlassen wir uns nicht darauf, ob Feuerlöscher und Brandschutztüren gerade sexy sind oder nicht.

 

Als ich vor Jahren eine Kolumne in der Berliner Tageszeitung (“taz”) zu schreiben begann, nannten wir diese “Ökosex“. Haha. Das war damals noch reichlich absurd, denn das Image der Ökos war immer noch geprägt von Müsli, Schlabberpulli und Humorlosigkeit. Was also hatte sexy mit öko zu tun?

Beim Konsum geht es bekanntlich nicht nur um Kosten, wie oft behauptet wird. Es geht vor allem auch um Produktgefühle. Beispiele: die Leute kaufen das I-Phone von Apple, den Mini von BMW, den Nespresso von Cloony trotz heftiger Preise. Deshalb mein Ökosex-Gedanke: die positive emotionale Aufladung von Biolebensmitteln, Fahrrädern, Energieplushäusern und Elektroautos wird uns dabei, helfen ins ökologische Nirvana zu gelangen.

Richtige Hardcore-Ökos finden das bis heute nicht gut. Ihre Kritik: Konsum an sich sei das Problem. Also kein “grünes Wachstum”, sondern Verzicht und “degrowth”. Gut gebrüllt, und daran ist theoretisch was dran. Leider spricht in der Praxis bereits deren eigener Lebensstil Bände: Flugreisen, grosse Altbauwohnungen und IT-Schnickschnack gehören natürlich auch und gerade zum Lebenstil der urbanen Ökos. “Verzicht” und “weniger Wachstum” als politische Kommunikationsstrategie scheint mir bis heute kein vielversprechendes Rezept. Dann doch eher Ökosex.

Und tatsächlich sind einige der kuriosen Marotten der frühen Ökos zum Mainstream geworden. Fahrradfahren? Heute scheint in manchen gesellschafltichen Gruppen das handgeblasene, edle “bike” (früher Radl) ein Muss zu sein. Biomüsli? Wir lesen in der Bunten, wie sich die Celebrities dieser Welt heftig mit Biofood dopen. Insbesondere für Besserverdiener in den Metropolen gehören Biolebensmittel längst zum Selbstverständnis. Selbst Vegetarier sein, früher was für verschrobene Moralisten, ist heute ein Ausweis für “super trendy”. Und mit der eigenen Solaranlage auf dem Dach des Plus-Energiehauses wird dem Nachbar mal eben gezeigt, was wahre Grösse ist.

Soweit so sexy. Heute sehe ich nun leider auch deutlicher, was grüner Shoppen leisten kann, und was eben nicht. Beispiel Autos: spritschluckende SUVS boomen derzeit mehr denn je, auch weil der Sprit wieder billig ist. Und doch lebt bei anderen der Traum vom grünen, elektrischen Tesla. Vielleicht wegen dieser allgemeinen Schizophrenie manipulierte die Autoindustrie fröhlich die Abgasewerte, als Gipfel des “greenwashings”.

Deutliches Zeichen von Regelungsbedarf. Weder Preissignale noch Modetrends werden schnell genug das Ende des Verbrennungsmotors einläuten. Dazu braucht es politische Vorgaben. Norwegen will ab 2025 keine Verbrennungsmotoren mehr zulassen. Die EU hat bekanntlich auch die Glühbirne abgeschaltet. Trotz heftiger Kritik hat dies gut gewirkt, nämlich Innovations- und Preissprünge bei den LED-Lampen ermöglicht. Gleiches gilt für fossile Heizungen. Auch im Gebäudebereich werden gesellschaftliche Trends nicht alles richten können. Haben Sie übrigens nie getan. Beim Brandschutz verlassen wir uns nicht darauf, ob Feuerlöscher und Brandschutztüren gerade sexy sind oder nicht. Deshalb ist es auch plausibel, dem Vorbild Dänemarks zu folgen und fossile Heizungsanlagen in Neubauten einfach zu verbieten.

Oder rufen dann alle wieder “Ökodiktatur”? Die unangenehme Wahrheit: leider werden wir an Vorschriften nie vorbei kommen. Doch auch diese sollten sexy sein, sonst fehlt es an Akzeptanz. Beispiel: je mehr Leute Radfahren an sich gut finden, umso mehr steigt die Akzeptanz für eine Beschränkung des Autos im städtischen Raum. War beim Trend “Nicht-Rauchen” und den Rauchverboten in Restaurant übrigens auch so.

MARTIN UNFRIED ÜBER ÖKOSEX UND ORDNUNGSRECHT

Bio: https://de.wikipedia.org/wiki/Martin_Unfried

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16.07.2016 | Samstag | Ökosex | Schlusspunkt | Von Ökosex zum Heizungsverbot | Beim Brandschutz verlassen wir uns nicht darauf, ob Feuerlöscher und Brandschutztüren gerade sexy sind oder nicht.

www.maastrichtuniversity.nl/news/ontgrenzer-martin-unfried-employed-item


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oekotainment.eu/20160716a/


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". . . Darum sind die "green vibrations" auch im Inland der Schlüssel zur solaren Effizienzrevolution. Das Dilemma war nämlich bisher folgendes: zunehmende Umweltberichterstattung war beim Individuum gekoppelt mit zunehmend schlechter Stimmung. Die neuen Krebsstudien zu Atomkraftwerken lösen bei vielen sofort leichte Kopfschmerzen aus. Das ist eben diese deutliche lineare Kurve von Umweltproblem und Verdruss. So ähnlich wie bei Wirtschaftswachstum und Energieverbrauch. Entkopplung heisst in beiden Fällen das Zauberwort, also auch im Angesicht der Ökodepressionsfalle. Darum haben wir das Konzept des "Ökotainments" entwickelt. Ökotainment wird wahrscheinlich weltweit der Trend des Jahres 2008. Die Kalifornier finden das auch. Das ist jetzt frei erfunden, hilft aber ungemein, das Konzept in Deutschland zu verkaufen.

Was aber ist Ökotainment? Dazu habe ich einen Prototypen entwickelt. Exklusiv beschert diese Kolumne allen taz LeserInnen dieses Jahr ein besonderes Weihnachtsgeschenk: Das neue Ökosexvideo auf taz.de.  Es handelt sich um ein Musikvideo mit dem Titel "Weihnachten ohne Atom" der Kolumnenband Ökosex. Genauer gesagt handelt es sich um Öko-Karaoke für den Karaoke-Öko. Gedacht für gesellige Weihnachtsfeiern Ihrer Firma, heitere Abende zuhause mit Ihren Liebsten unterm Baum.

Singen Sie wie jedes Jahr "Rudolf, das rote Nasen-Rentier". Aber singen Sie dieses Jahr eben auch "Was ist schöner als Weihnachten? Schöner als Weihnachten? Weihnachten ohne Atom!". Karaoke entspannt nämlich unglaublich und die Botschaft kommt da an, wo sie hingehört: tief im Herzen. . . ."
Quelle: Was ist schöner als Weihnachten? taz-Kolumne: Ökosex am 13.12.2007 | Ökotainment-Version des Artikels | PDF-Version