Der E-Auto-Test | 14.06.2022 | Dienstag | FUTURZWEI Nr. 21 | taz.futurzwei.org | Magazin für Politik und Zukunft E-AUTO-TEST MARTIN UNFRIED Der Elektroroller Seat Mo 125 – für Pendeln im ländlichen Raum Wer öfter in Italien ist, hat in Rom oder Florenz die großen Motorroller in extra ausgewiesenen Parkbuchten in einer Reihe stehen sehen. Damit fahren dort auch Banker im Anzug zur Arbeit, im Winter haben diese oft professionellen Regen- und Kälteschutz über den Knien. Das ist ein wesentlich sparsamerer Umgang mit städtischem Raum als säßen sie im Auto. Fünf, sechs Roller passen sicher auf einen Autoparkplatz. Was allerdings den Verbrauch der Roller angeht, ist der oft enttäuschend hoch und ihr Lärmpegel ist es auch. Auch neuere Vespas oder Peugeot-Roller verbrauchen real 3 bis 4 Liter. Dabei könnten effiziente Roller gerade im ländlichen Raum die Lücke schließen: Nämlich da, wo der ÖPNV zur Arbeit nicht funktioniert und es mit Fahrrad oder E-Bike zu weit ist, also bei Entfernungen zwischen 10 und 50 Kilometern. Anders als in der Stadt sind kleinere Roller, die nur bis 45 km/h schnell sind, auf der Land- und Bundesstraße nicht angenehm, da einen ständig Autos von hinten überholen. Da ist es entspannter, wenn der Roller mithalten kann. Und das kann der Seat Mo 125, mit dem ich zwei Wochen unterwegs war mit einer Spitze von 95 km/h und einer realistischen Reichweite von 100 Kilometern. Um es vorweg zu nehmen: der Umstieg vom Kleinwagenpendeln auf den Elektroroller kann ein wesentlicher Baustein sein zur Verbesserung der eigenen Klimabilanz. Aktuell sind einige schnellere Elektroroller auf dem Markt (siehe Roller-Test Kumpan, taz FUTURZWEI 18/21, https://oekotainment.eu/archiv/html/der-elektroroller-kumpan-54ignite/), darunter ist der Seat Mo 125 eines der ausgereiftesten Produkte. In der Leistung ist er vergleichbar mit einem Benzin betriebenen 125ccm-Roller oder einem Motorrad. Was genau macht den ökologischen Unterschied? Gehen wir davon aus, jemand fährt im ländlichen Raum jeden Tag 25 Kilometer zur Arbeit. Und gehen wir davon aus, dass es dafür keinen entsprechenden Bus oder Zug gibt, der das Pendeln ermöglicht. Nehmen wir also an, man bräuchte einen Seat-Kleinwagen mit einem Verbrauch von bescheidenen 5 Litern Sprit auf 100 km. Das wären 1.000 Kilometer im Monat und 50 Liter Benzin. Im Jahr kommt man also auf einen 500 bis 600 Liter Tank von Shell oder Aral - je nach Urlaubstagen. Das kostet einen derzeit etwas mehr als 1.000 Euro. Und nun derVergleich: Ich fuhr den Testroller von Seat je nach Geschwindigkeiten mit einem Verbrauch zwischen 5 und 7 kWh auf 100 km. Die Kilowattstunde kostet heute für deutsche Haushalte mit laufenden Stromverträgen rund 30 Cent. 100 Kilometer kosten also bei 7 kWh Verbrauch 2,10 Euro, das macht im Jahr etwas über 200 Euro für rund 800 kWh. Das ist mit Ökostrom bereits ein gewaltiger Unterschied. Wer im ländlichen Raum wohnt, hat häufig aber nicht nur die Option eines ökologischen Stromlieferanten, sondern ein Dach und kann damit Gebäude und Mobilität koppeln. Mit einer einmaligen Investition von 1.500 Euro in Photovoltaik kann man rechnerisch den gesamten Jahresstrom des Mo 125 selbst produzieren. Was spricht dagegen? Sicher nicht der Seat Roller. Ich fuhr ihn zwei Wochen mit großem Vergnügen. Obwohl ich früher eine Vespa hatte, bin ich kein geübter Rollerfahrer. Der Mo 125 aber fuhr sich in kurzer Zeit sehr angenehm. Gute Sitzposition, gute Bremsen, liegt stabil auf der Straße mit den etwas größeren Rädern, und die lautlose Beschleunigung ist ein ums andere Mal faszinierend. Ich hatte für den Fachcheck einen Rollerspezialisten aus Aachen nach Maastricht geladen. Auch dieser bescheinigte solide Verarbeitung, gutes Fahrwerk und Gewichtsverteilung. Das kommt durch den schweren Akku in der Mitte, der 41 Kilo wiegt. Dieser sitzt nicht unter der Sitzbank wie bei anderen Elektrorollern, also ist dort viel Platz für Einkäufe. Anders als bei anderen Modellen, kann man den Akku am Stück herausnehmen und mit einem Trolley bequem hinters sich her ziehen. Ideal, wenn man ebenerdig wohnt. Wer allerdings irgendwo Treppen hoch muss, wird wegen der 41 Kilo keinen Spaß haben. Schließlich bleibt die Frage: warum baut der Autobauer Seat, als Teil des VW-Konzerns, plötzlich Elektroroller? Machen sie gar nicht. Sie haben nur anscheinend mit dem spanischen E-Roller Pionier „Silence“ einen Deal. Seat verkauft den Silence SO 1, den es schon ein paar Jahr gibt, unter dem Namen Seat Mo 125 und will damit sein Image aufhübschen. SEAT MO 125 (baugleich mit Silence S0 1), 5,6 kWh Batterie . Reichweite im Test: 100 km, Preis: 6.700 Euro, Testverbrauch: zwischen 5 und 7 kWh auf 100 km. Autor Foto: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Silence_S01_endollat_-_Seat_M%C3%B3.jpg https://w.wiki/5a98 Author: Herodotptlomeu TEXT: Herodotptlomeu, Silence S01 endollat - Seat Mó, Zuschnitt, CC BY-SA 4.0 PLAIN TEXT: Herodotptlomeu (https://w.wiki/5a98), „Silence S01 endollat - Seat Mó“, Zuschnitt, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/legalcode HTML: Herodotptlomeu, Silence S01 endollat - Seat Mó, Zuschnitt, CC BY-SA 4.0

14.06.2022 | Dienstag | FUTURZWEI Nr. 21 | Seite 76 | taz.futurzwei.org | Magazin für Politik und Zukunft | Schwerpunkt: WIR ERKLÄREN DEN KRIEG | E-Auto-Test | Der Elektroroller Seat Mo 125 | für Pendeln im ländlichen Raum | Schlagwörter: Elektroroller, Akku, Pendeln, Verbrauch Seat, E-Auto-Test, E-Roller, Pionier „Silence“ | Bio: https://de.wikipedia.org/wiki/Martin_Unfried

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