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DRUCK Diese aktuelle taz-Ausgabe belastet die Umwelt mit immerhin 300 Gramm Kohlendioxid. Damit das nicht so bleibt, stellt die taz nun komplett auf Recyclingpapier um. Das allein spart schon die Hälfte an Emissionen ein
VON MALTE KREUTZFELDT
Ob Reportagen, Berichte oder Kommentare - in der taz spielt das Thema Klimaschutz traditionell eine große Rolle. Doch damit diese Texte entstehen und zu den LeserInnen gelangen, belastet die taz selbst das Klima. In welchem Umfang das geschieht und wie sich die Klimabilanz der Zeitung verbessern ließe, hat das Öko-Institut jetzt im Rahmen eines Projekts des Bundesforschungsministeriums detailliert untersucht.
Das Ergebnis: Im Jahr 2007, als die Daten für das Projekt erhoben wurden, entstanden durch jedes taz-Exemplar etwa 300 Gramm Kohlendioxid-Äquivalent. Das entspricht, je nach Autotyp, einer Fahrtstrecke von zwei bis drei Kilometern. Der mit Abstand größte Faktor ist dabei das Papier, allein dessen Herstellung und Transport machen mehr als die Hälfte des CO2-Ausstoßes der taz aus (siehe Grafik). Der zweitgrößte Posten sind mit 12,5 Prozent der Emissionen Redaktion, Verwaltung und EDV. Hier wurden neben dem Energieverbrauch des Berliner Redaktionshauses auch die Wege zur Arbeit sowie Dienstreisen berücksichtigt, die nach einer Befragung von MitarbeiterInnen hochgerechnet wurden.
Als dritter großer Bereich trägt der Druck der Zeitung mit 11 Prozent zum CO2-Ausstoß bei. Der Energieverbrauch für die Druckmaschinen fällt dabei stärker ins Gewicht als die Herstellung von Druckfarben und Aluminiumdruckplatten. Der Versand der Zeitung bis zum Kiosk beziehungsweise per Post oder Träger bis in den Briefkasten der AbonnentInnen hat mit 3,4 Prozent den geringsten Anteil.
Wie kann man das ändern? Die wichtigste Maßnahme wäre laut Ökoinstitut die Umstellung des Zeitungspapiers. Bisher wird die taz nur teilweise auf Recyclingpapier gedruckt; 2007 lag der Anteil in der Frankfurter Druckerei bei 70 Prozent, in Hamburg bei 12 Prozent. Die Berliner Druckerei nutzt bisher für den taz-Druck gar kein Recyclingpapier. Im Mittel ergibt sich somit ein Anteil von 35 Prozent - weniger als bei Springer, wo im Nachhaltigkeitsbericht von 2007 ein Recyclingpapieranteil von 58 Prozent genannt wird. FAZ und Süddeutsche geben mehr als 95 Prozent an.
Nach der bisher gültigen Berechnungsmethode waren die Klimavorteile von Recyclingpapier relativ gering. Zwar wird bei der Herstellung weniger Energie verbraucht, aber der Rohstoff selber - Holz statt Altpapier - sei bisher als klimaneutral bewertet worden, erläutert Stefan Seum vom Ökoinstitut. Der Grund: beim Wachstum des Baumes wird genau so viel Kohlendioxid gebunden wie später beim Verbrennen oder Verrotten des Papiers freigesetzt wird.
Inzwischen hat sich die Bewertung geändert. Die Nachfrage nach Holz ist deutlich gestiegen, etwa für Pellets oder Hackschnitzel. "Die Frage ist nicht mehr, ob das Holz für die Papierherstellung genutzt wird oder verrottet", sagt Seum, "heute ist die Alternative, ob daraus eine Zeitung entsteht oder ein klimaneutraler Brennstoff."
Um diese neue Konkurrenz zu berücksichtigen, hat das Öko-Institut bei der Bewertung der taz die alternative Nutzungsmöglichkeit des Holzes erstmals einberechnet. Weil in Deutschland 71 Prozent des Zeitungspapiers im Recycling landen, könnte das Papier insgesamt auch zu 71 Prozent aus Altpapier bestehen, so die Argumentation. Für einen geringeren Anteil wird in der Berechnung nun ein Malus vergeben, also ein Aufschlag auf den CO2-Ausstoß. Wird ein höherer Wert erreicht, gibt es den entsprechenden Bonus.
Nicht zuletzt wegen dieser neuen Berechnung, bei der sich die taz-Klimabilanz durch den geringen Altpapieranteil deutlich verschlechtert, hat die Geschäftsführung des Verlags nun beschlossen, auf 100 Prozent Altpapier umzustellen. "Weil wir bei den Druckereien nur einer von vielen Kunden sind, steigt durch den Papierwechsel vermutlich der Arbeitsaufwand und damit der Preis", sagt Geschäftsführer Kalle Ruch. "Aber Umweltschutz hat eben seinen Preis." Tatsächlich ist der Effekt riesig: Wenn die Umstellung in allen drei Druckereien umgesetzt ist - also vermutlich im zweiten Quartal 2011 -, liegt der CO2-Ausstoß pro verkauftem taz-Exemplar nur noch bei 157 Gramm - er ist damit fast halb so hoch wie zuvor.
Ist erst die Papierumstellung als wichtigste Reduktionsmaßnahme umgesetzt, erfüllt die taz nach Ansicht des Öko-Instituts die Voraussetzung, um die verbleibenden CO2-Emissionen über Zahlungen für externe Klimaschutzprojekte zu kompensieren. Die Kosten lägen bei gut 60.000 Euro im Jahr. Ob der Verlag die bezahlt, ist derzeit noch nicht entschieden.
Doch nicht nur die ProduzentInnen der Zeitung können etwas tun, um die Klimabilanz zu verbessern, sondern auch die LeserInnen. Ganz einfach: Je konsequenter die alten Zeitungen ins Altpapier gegeben werden, desto geringer sind die Emissionen. Aber auch neue Abonnements helfen, denn weil der Aufwand für Redaktion und Verwaltung trotz höherer Auflage gleich bleibt, sinkt der CO2-Ausstoß pro Exemplar damit.
Inwieweit es helfen würde, die taz statt auf Papier künftig am Bildschirm zu lesen, ist umstritten. Eine Papier-taz wird im Schnitt von zwei Personen jeweils 30 Minuten gelesen. Allein der Strom für eine Stunde Computernutzung produziert 75 Gramm CO2; zusammen mit dem Ausstoß der Internet-Server, über die die Daten laufen, und dem (anteiligen) Produktionsaufwand der Computer sehen diverse Studien zumindest bei klassischen PCs keinen Klimavorteil gegenüber einer Zeitung auf Recyclingpapier.
Gar keine gute Idee wäre es natürlich, auf die taz aus Klimaschutzgründen ganz zu verzichten. Denn dann entfiele ja auch der Klimanutzen, der von der Berichterstattung ausgeht. Wie groß dieser Schaden wäre, lässt sich allerdings auch mit noch so viel Aufwand nicht ermitteln. Stefan Seum: "Die positive Auswirkung von taz-Artikeln auf den Klimaschutz kann nicht mal das Öko-Institut seriös berechnen."
"Umweltschutz hat eben seinen Preis", sagt taz-Geschäfts- führer Kalle Ruch
09.10.2010 Sonntaz Wirtschaft und Umwelt 202 Zeilen, MALTE KREUTZFELDT S. 32
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