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Der E-Auto-Test - 10.12.2019 | Dienstag | FUTURZWEI Nr. 11
Es gibt drei Bedingungen dafür, dass Autos im Rahmen einer konsequenten Verkehrswende eine sinnvolle Rolle spielen können. Es muss insgesamt viel weniger Autos geben, sie müssen mit erneuerbaren Energien betrieben werden und sie müssen extrem effizient umgehen mit Energie und Material.
Um es gleich zu sagen: Der Audi e-tron 55 quattro wurde in den zwei Wochen Praxistest von mir mit erneuerbarem Strom angetrieben, ist aber dennoch kein zukunftsweisendes Auto. Die Energie- und Materialeffizienz dieses Elektro-SUV ist einfach zu schlecht.
Das ist überraschend: Vor 20 Jahren hatte Audi bereits ein für damalige Verhältnisse spektakulär modernes, effizientes Auto gebaut, nämlich den A2 TDI 1.2. Dieser fuhr – ich weiß das aus eigener Erfahrung – im Alltag mit 3,5 Litern Diesel 100 Kilometer weit. 50 Prozent weniger CO2-Emission als mit den damaligen Durchschnittsautos. Damit hatte der A2 eine Voraussetzung der solaren Effizienzrevolution bereits erfüllt: nämlich einen echten Effizienzsprung. Der Treibstoff blieb allerdings fossil. Aus unterschiedlichen Gründen wurde der Wagen nicht gut verkauft und die Produktion 2006 eingestellt.
Doch dann stellte Audi im Jahr 2011 ein innovatives Konzept einer neuen A2-Variante vor – als vollelektrisches Fahrzeug. Das war die Hoffnung auf Effizienz plus erneuerbaren Strom, eben moderne Automobilität. Leider sah Audi für die Automoderne damals anscheinend keine Käufer. Die Produktion des elektrischen A2-Nachfolgers wurde 2013 abgesagt, dafür der A3 halbherzig als Plug-in-Hybrid angeboten. Richtig Geld verdient der Konzern seither wohl mit der SUV-Serie Q2 bis Q8 mit Verbrennungsmotoren, die allerdings in Sachen Effizienz und Klimaschutz Rückschritt statt Fortschritt bedeuten. In der Datenbank Spritmonitor, in der Fahrer ihren Alltagsverbrauch teilen, wird der Durchschnittsverbrauch beim Q7 Diesel (die etron- Größe) mit rund 11 Liter, der Benziner mit 15,3 angegeben. Das ist völlig unakzeptabel und ein massives Klimaschutzproblem, jenseits der oberflächlichen SUV-Kritik.
Hier beginnt auch das Dilemma des ersten vollelektrischen Audis e-tron 55 quattro, der seit 2019 ab 80.000 Euro erhältlich ist. Es reicht nicht, ein ineffizientes Fahrzeugdesign zu elektrifizieren. Auf der längeren Fahrt nach Antwerpen verbrauchte der Testwagen trotz sehr ruhigem belgischen 120 km/h-Verkehr 29 kWh auf 100 Kilometer.
Zur Orientierung: das ist beinahe doppelt so viel wie beim elektrischen Hyundai Kona, den ich mit rund 15 bis 16 kWh fuhr (taz FUTURZWEI 9/19). Nun sagen Autotester der konventionellen Motorpresse, der Verbrauch ginge in Ordnung, weil es eben auch ein großer SUV sei – und loben die technischen Finessen.
Das ist altes Denken. Der Verbrauch diskreditiert das Fahrzeugdesign. 2.500 Kilo können mit der hohen Karosserie kaum effizient bewegt werden. Deshalb ist auch die Reichweite – im Test um die 300 bis 350 Kilometer – sehr enttäuschend, trotz der riesigen 95-kWh-Batterie (83 kWh netto). Zu viel Batterie für zu wenig Reichweite.
Keine Frage: Der Wagen fährt sich gut und unglaublich ruhig. Dass Audi ein Elektroauto mit allen modernen Features bauen kann, überrascht nicht. Es hilft im Alltag auch, dass er extrem schnell aufgeladen werden kann. Die entsprechenden Ionity-Lader, mit denen das möglich ist, sind allerdings heute noch rar. Was aber den meisten traditionellen Autotestern nicht mehr auffällt, ist die wahnwitzige Übermotorisierung mit 300 kW in der Spitze. Der Testwagen beschleunigt heftig, im sogenannten Boost-Modus offenbar in 5,3 Sekunden auf 100 km/h. Ich habe es nicht ausprobiert, da diese Art Beschleunigung auf öffentlichen Straßen völlig unangemessen ist. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass die zahlungskräftige Kundschaft darauf abfährt: SUV mit elektrischem Bums.
Vorsprung durch Technik ist das weiß Gott nicht. ■
AUDI E -TRON 55 QUAT TRO, SUV-ELEKTROAUTO. 95-kWh-Akku, Verbrauch im taz FUTURZWEI-Test: 29 kWh auf 100 km, Reichweite 300 bis 350 Kilometer, ab 80.000 Euro.
MARTIN UNFRIED ist EU-Klimapolitikexperte und Politologe an der Universität Maastricht.
Foto: Wikimedia Commons: User: Ilya Varlamov, Audi e-tron (Marbella, Spain) - 190213 DSC 2393, Zuschnitt, CC BY-SA 4.0
10.12.2019 | Dienstag | FUTURZWEI Nr. 11 | Seite 74 | taz.futurzwei.org | Magazin für Politik und Zukunft | Titelthema: Richtige Klimapolitik | Der E-Auto-Test | Martin Unfried | DER AUDI E-TRON 55 QUATTRO | SUV MIT ELEKTRISCHEM BUMS | Bio: https://de.wikipedia.org/wiki/Martin_Unfried
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