Menü

Diese Seite wird erstellt mit freundlicher Genehmigung Zeitschrift: fairkehr

 

fairkehr-Agentur-Banner

www.fairkehr.de | www.fairkehr-magazin.de | redaktion@remove-this.fairkehr.de

Heft 01/2009 Link zur PDF-Version dieses ArtikelsPDF-Version dieses Artikels
Logo der Kolumne fairkehrt

"600000 Argumente gegen die Abwrackprämie"

Mein guter Vorsatz für 2009: Ich schreibe pro Woche eine ­Abwrack­prämien-Kolumne bis Weihnachten und mach daraus ein Buch mit dem Titel „WrackinHell! – Seid Ihr wahnsinnig?“. Das ist meine schreckliche Rache an der Bundesregierung. Und zwar nicht wie üblich heiter und entspannt, sondern böse und geladen. „Gut und schön“, könnte ich gönnerisch sagen, „die Sache ist idiotisch, aber gelaufen, also relax!“ Dann könnte ich mich wieder brav mit dem Umweltministerium dafür einsetzen, dass die Leute mehr Fahrrad fahren und mich beruhigen. Ich will mich aber nicht beruhigen. Ich will mich aufregen. Jede Woche laut herausschreien: im Verband mit Kfz-Steuerbefreiung und Reform das ökonomisch Dümmste, sozial Gemeinste und umwelttechnisch Verlogenste, was das gesamte Universum je gesehen hat! Vier Milliarden Euro im Kampf gegen die nachhaltige Entwicklung. Das ist so stark. Deshalb hier und jetzt die Top Four des ökonomischen Grauens und des ökologischen Wahnsinns.

Top 1: Feuerzeug raus und Steuergeld verbrennen. Mein Lieblingsbeispiel ist das Auto von meinem Freund Franze. Das ist noch 1500 Euro wert und fährt eigentlich ganz gut. Aber natürlich wird der Franze finanziell gezwungen seinen Honda im Jahr 2009 zu verschrotten. Das ist das genaue Gegenteil von Ressourcenschonung. Und wir Idioten dachten immer, Reparatur und Langlebigkeit sollten stärker stimuliert werden. WrackinHell! Franze und die Volkswirtschaft verzichten also auf die 1500 Euro Restwert, er nimmt die 2500 vom Staat und hat einen echten Vorteil von 1000 Euro. Fazit: von 1,5 Milliarden Euro geht wohl mehr als die Hälfte in die Vernichtung von Werten. Eine dermaßen lausige ökonomische Effizienz einer Subvention hat es wohl noch nie gegeben.

Top 2: Schreiende soziale Ungerechtigkeit. Wer sich kein neues Auto leisten kann, kriegt nix. Man stelle sich vor: 600000 bedürftige Haushalte würden einen Gebrauchten im Wert von 2500 Euro geschenkt kriegen. Was würden die Okay-Verdiener und die FDP dazu sagen? WrackinHell vielleicht? Wer aber arm ist, bekommt nicht nur keine 2500 Euro, sondern leidet auch noch an den Verwerfungen des Gebrauchtwagenmarktes. Denn was passiert, wenn alle älteren Autos im Jahre 2009 verschrottet werden? Dann gibt es irgendwann weniger Autos unter 2500 Euro. Folge: Der Preis steigt und den müssen die bezahlen, die für Neuwagen nicht genug Geld haben.

Top 3: Unzulässige staatliche Beihilfe. Die Prämie ist natürlich ein Schlag ins Gesicht der Mitbewerber im Mobilitätsmarkt und gehört vor den Europäischen Gerichtshof. Nur fällt das in Autoabsurdistan nicht mal den Konkurrenten auf. Die Käufer von Elektroleichtmobilen, von sparsamen Zweirädern, von Pedelecs, Fahrrädern, die Kunden vom Carsharing und ÖPNV bekommen keinen Cent. Nein, ihre Unternehmen , die Helden der nachhaltigen Mobilität, kriegen einen Tritt in den Hintern. Sie werden nämlich durch Kleinwagendumping in eine grotesk schlechte Wettbewerbsposition gebracht. Was? Ein gutes Pedelec kostest 2500 Euro, und da gibt es keine Staatsknete?

Das führt zu Top 4: mentalen Verwüstungen. Schon wirbt die Autoindustrie mit Slogans wie „Neuwagen für 5000 Euro“. Was löst das in den Köpfen aus? Die pure Automania! Und festigt den Irrtum, Brummbrumm sei ja gar nicht so teurer. Autofahren bleibt für den Privathaushalt und für die Volkswirtschaft ein teures Vergnügen. Gerade die Deutschen leisten sich eine grotesk teure Mobilität mit durchschnittlichen Neuwagenpreisen von 25000 Euro. Ist es überhaupt volkswirtschaftlich erstrebenswert, dass wir auf dem heutigen Niveau in teure Blechkisten investieren? Natürlich nicht, denn unser Erspartes löst sich bei kaum einem anderen Produkt so schnell in Luft auf. Dieses Geld aber fehlt bei andern wichtigen Investitionen, die viel nachhaltiger sind und ebenfalls viele Arbeitsplätze schaffen. Kauften wir weniger und kleinere Autos, können wir mehr in Wohneigentum, gute Lebensmittel, erneuerbare Energien und Energieeffizienz stecken. So gehen ökonomische Verwerfungen mit mentalen Verwüstungen Hand in Hand. Motto: Geld sinnlos versenken in automobile Mobilität ist erste Bürgerpflicht und wird mit bunten Glasperlen belohnt. WrackinHell. Ich kann mich nicht beruhigen. Fortsetzung folgt.

Martin Unfried

Mehr von Martin Unfried auf www.oekosex.eu