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11.09.2018 | Dienstag | FUTURZWEI Nr. 6

Autotest: Nissan Leaf 2

Mehr als 260 Kilometer Reichweite: Nissan Leaf 2

Die Zeit des steinzeitlichen Verbrennungsmotors im Neuwagen ist vorbei. Für alle, die ein Auto brauchen, zu Hause laden können und keine größeren Autobahnstrecken fahren, gibt es wenig Gründe, die gegen einen Elektrischen sprechen. Nach dem vollelektrischen Hyundai Ioniq (taz FUTURZWEI4/18) hatte ich den neuen Nissan Leaf 2 für zwei Wochen im Testbetrieb. Der Leaf ist in der mittleren Ausstattung mit rund 32.000 Euro (4.000 Euro Prämie schon abgezogen) etwas teurer als der Ioniq und ungefähr so teuer wie der durchschnittliche Neuwagen in Deutschland. Ja, das ist verrückt viel Geld, aber das Gejammer, Elektroautos seien nur etwas für Reiche, ist damit widerlegt. Ein normaler Golf mit ein bisschen Schnickschnack ist nicht viel günstiger.

Insofern ist der Leaf also Durchschnitt. Auch das Platzangebot für Passagiere und Kofferraum ist Golfniveau. Für die meisten Anwendungen müsste das also völlig in Ordnung sein. Das gilt auch für das Design. War der erste Leaf noch ein wenig avantgardistisch gezeichnet, versucht Nissan das nun zu vermeiden. Innen und außen ein normales Auto. Das ist schlau: Ein Massenpublikum kann man in Deutschland nur mit gediegener Langeweile ansprechen.

Der Leaf fährt sich angenehm ruhig im zivilisierten niederländischen Verkehr. Genau richtig für Leute, die im ländlichen Raum jeden Tag zur Arbeit fahren müssen. Auch auf Autobahnstrecken hat der Wagen genug Kraft im sparsamen Eco-Modus. Der Leaf hat auch ein paar Gimmicks wie einen automatischen Abstandhalter, der abbremst bei Stau, und eine aktive Unterstützung zum Spurhalten. Das haben auch teurere Verbrenner. Was die nicht haben, ist ein E-Pedal-Modus. Damit kann man im Stadtverkehr auf die Bremse verzichten. Geht man vom Gas, setzt die starke Rekuperation ein, Energie wird zurückgewonnen und der Wagen bleibt sogar an der Ampel stehen. Das ist wirklich innovativ und zeigt nur, wie idiotisch Verbrennungsmotoren gerade im Stadtverkehr sind. Die meiste Energie verpufft im Motor als Wärme, selbst die Bewegungsenergie erhitzt lediglich die Bremsscheiben.

Im schnellen Modus beschleunigt der Leaf ziemlich heftig, was als Verkaufsargument anscheinend immer noch wichtig ist. Stellt sich die essenzielle Frage nach der Reichweite mit der neuen 40-kWh-Batterie. Normale Strecken in der Umgebung sind sowieso kein Problem, da schaute ich kaum auf die Reichweite. Glücklicherweise streikte die belgische Bahn, als ich dienstlich nach Brüssel musste. Das sind von Maastricht einfach 120 Kilometer. Das hätte ich mit dem Leaf hin und zurück ohne Aufladen fahren können. Bei Fahrtantritt zeigte die Anzeige 280 Kilometer Reichweite. Bei defensiver Fahrweise (110 km/h) und warmen Temperaturen wäre ich auch hin und zurück gekommen. Ich konnte aber in Brüssel so problemlos nachladen, dass ich das tat. In einer Tiefgarage der belgischen Hauptstadt und beim Aufladen in meinem Viertel ging das mit elf kW und mit Typ-2-Stecker. Mit meiner niederländischen Ladekarte (Windstrom) funktioniert das überall in den Niederlanden und Belgien. Auch zu Hause konnte ich mit einem Kabel für die normale Steckdose langsam laden. Damit ist der Akku in einer kurzen Nacht zwar mit drei kW nicht ganz voll, aber es funktioniert. Da bietet sich eine Ladebox zu Hause an, die das beschleunigt und auch sicherer macht.

Bei einer Autobahnfahrt probierte ich erfolgreich Schnellladen bei einer Fastned-Station mit bis zu 50 kW. Allerdings ist aus Erfahrung von anderen Leaf-Testern bekannt, dass die Ladeleistung stark zurückgehen kann (bis auf die Hälfte), wenn die Batterie zu heiß ist. Dann steht man schon mal mehr als eine Stunde beim Laden. Deshalb ist der Leaf auch nicht unbedingt geeignet, schnell einmal fünfhundert Kilometer weit zu fahren. Wer dafür ein anderes Auto leiht und gerne die Golfklasse fährt, für den ist der Leaf prima.

Im direkten Vergleich ist der Hyundai Ioniq das ökologisch und praktisch intelligentere Auto: Die Batterie ist mit 28 kWh kleiner, verbraucht also weniger Ressourcen. Da der Ioniq effizienter ist als der Leaf (rund 13 kWh im Durchschnitt statt 15 kWh), kommt er trotz kleinerer Batterie auch an die zweihundert Kilometer weit. Und kann schneller aufladen, was ihn langstreckentauglicher macht. Dagegen ist der Leaf wegen des größeren Innenraums auch als Taxi oder für das städtische Carsharing geeignet. In diesem Segment sollten Diesel und Benziner sowieso so schnell wie möglich ersetzt werden.

MARTIN UNFRIED

NISSAN LEAF 2 (2018). 40-kWh-Elektromotor. 150 PS. Reichweite: mehr als 260 Kilometer im taz-FUTURZWEI-Test. Preis: ab 31.995 Euro

 

11.09.2018 | Dienstag | FUTURZWEI Nr. 6 | Seite 58 | taz.futurzwei.org | Magazin für Politik und Zukunft | Titelthema: JETZT NEU: DIE JUGEND | Martin Unfried: Autotest: Nissan Leaf 2 | Mehr als 260 Kilometer Reichweite: Nissan Leaf 2 | Bio: https://de.wikipedia.org/wiki/Martin_Unfried

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