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Der E-Auto-Test - 10.09.2019 | Dienstag | FUTURZWEI Nr. 10

Der e.Go Life und das Wunder von Aachen

Prädikat: Stadt- und Berufspendlerauto für vier Personen

Die Erzählung funkioniert in jedem Artikel und in jeder Fernsehreportage aufs Neue: Die Underdogs von der Universität Aachen (RWTH), die schon mit dem elektrischen Streetscooter der Post die deutsche Autoindustrie blamiert haben, werden jetzt einen preiswerten E-Kleinwagen produzieren. Professor Schuh heisst der eloquente und gut gelaunte Zauberer, der jüngst sogar von Volkswagen als Elektroexperte angefragt wurde. Tatsächlich grenzt es an ein Wunder, dass ein kleines Unternehmen es tatsächlich aus der Prototypen- in die Produktionsphase schafft. Die eigens gebaute e.Go-Fabrik in Aachen steht, die Produktion ist angelaufen.

Die Erzählung funktioniert auch deshalb so gut, weil Günther Schuh, der Professor, ein Antiökoimage pflegt. Er liebt seinen Porsche und findet Elektoautos seien nur im Bereich der Zweit- oder Drittwagen sinnvoll. Gerade das kam bisher in den Medien gut an. Kein Weltverbesserer, sondern ein Ingenieur mit »Freude am Fahren«. Interessant ist nun, ob der e.Go Life hält, was die schöne Geschichte verspricht.

An einem schönen Sommertag kann ich den Wagen testen und mir auch gleich die neue Fabrik anschauen. Aachen ist stolz auf die neue Autodindustrie. Viele der Vorbestellungen kommen aus der Gegend, erzählt mir e.Go-Mitarbeiter Martin Sommer, der auf dem Beifahrersitz Platz nimmt. Auf die Rücksitzbank passen noch zwei Kolleginnen aus der Presseabteilung, also mehr Auto als der Smart in der Zweierversion. Ich darf die »First Edition« fahren, die vor Wochen auch Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet als Privatmann abgeholt hat. Preis mit Klimaanlage und großer Batterie mit einer versprochenen Reichweite von rund 140 Kilometer: über 22.000 Euro. Später im Jahr soll die versprochene Basisversion für 16.000 Euro kommen.

Wer wie ich gerne Kleinwagen fährt, findet den e.Go angenehm. Prima Übersicht, man sitzt recht hoch (gut für Senioren) und gleitet herrlich ruhig und ohne viel Schalten durch den Verkehr. Der Innenraum ist recht schlicht, aber Anzeigen und Schalter sind dafür auch einfach zu bedienen. Und darauf kommt es bei der Zielgruppe an. Nach Auskunft Sommers sind die Interessenten keine Elektrofreaks, sondern eher Leute auf der Suche nach einem vernünftigen Kleinwagen. Die Zielgruppe wohnt eher draußen im Eigenheim. Daneben sind Pflegedienste unter den Erstbestellern, wo es ebenso um Kurzstrecken geht. Wer eine Garage hat und nachts eigenen Strom laden kann, für den ist auch die fehlende Schnellladefunktion kein Problem.

Diese Beschränkung auf Kurzstrecken wird offen kommuniziert, was tatsächlich neu ist in der Elektroszene. Mit Blick auf eine Mobilitätsmoderne macht der e.Go nicht unbedingt im Stadtzentrum Sinn, weil auch Elektroautos (jenseits der Pflegedienste) zu viel Platz brauchen. Aber für Berufspendler nicht zu langer Strecken und ohne gute ÖPNV-Anbindung ist der e.Go wesentlich besser als selbst kleine Verbrenner.

Allerdings brauchte mein Test-e.Go auf der Strecke im Stadverkehr über 19 kWh auf 100 Kilometer. Das wird mit besserer Rekuperation noch weniger, versicherte man mir. Dennoch ist selbst der offiziell genannte WLTP-Verbrauch von 16,2 kWh überraschend hoch. Zum Vergleich: Das Tesla Modell 3 mit dem kleinsten Akku wird mit 14,3 WLTP angegeben, ist aber mehr als 400 Kilo schwerer.

Hoffentlich ist am Ende die kleinere e.Go-Version effizienter. Denn ab nächsten Jahr wird die Konkurrenz heftiger: Zum elektrischen Smart kommen dann die elektrischen Kleinwagen aus dem VW Konzern (e-Up, Skoda Citigo, Seat mii) wahrscheinlich mit größerer Reichweite und wohl ab 22.000 Euro. Das Erwachen der Konzerne ist bereits ein erster Erfolg des e.Go.

Dass e.Go preislich überhaupt mithalten kann, ist schon verwunderlich bei den kleinen Stückzahlen. In der Anlaufphase war die Produktion noch auf wenige Autos am Tag beschränkt. Ab nächstem Jahr sollen bis zu 20.000 jährlich produziert werden. Sehr ambitioniert, aber im Vergleich mit den Autokonzernen sehr wenig. Kann sich das lohnen? In der neuen Fabrik erklärt Martin Sommer, was e.Go bei der Produktion anders macht: Es gibt keine starren Bänder, sondern flexible elektrische Karren, die die Fahrzeuge von einem Arbeitsschritt zum nächsten fahren. Keine Lackiererei, kein Presswerk, sondern durchgefärbte Thermoplastteile. Überraschenderweise gibt es auch nicht viele Roboter, sondern menschliche Monteure. Auch das ist erfreulich. Wie das ganze Projekt.

 

MARTIN UNFRIED ist EU-Klimapolitikexperte und Politologe an der Universität Maastricht.


e.Go LIFE. Elektroauto. Gibt es mit 14,5, 17,5 und 23,5 kWh. Im realitätsnahen WLTP-Zyklus reicht das für 100, 113 und 145 Kilometer. Einstiegspreis 15.900 Euro (minus 4.000 Euro Elektroautoförderung). Prädikat: Stadt- und Berufspendlerauto für vier Personen.

Foto: Wikimedia Commons: User DTMChampion, E.GO Life e.Mobility Day 4, Zuschnitt, CC BY-SA 4.0

10.09.2019 | Dienstag | FUTURZWEI Nr. 10 | Seite 74 | taz.futurzwei.org | Magazin für Politik und Zukunft | Titelthema: DIE WIRKLICHKEIT | Der E-Auto-Test | Martin Unfried | Der e.Go Life und das Wunder von Aachen | Prädikat: Stadt- und Berufspendlerauto für vier Personen | Bio: https://de.wikipedia.org/wiki/Martin_Unfried

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