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20.12.1994 | Dienstag | taz-Leibesübungen
Press-Schlag
Der Kaiser (1,81m) hat - natürlich - wie immer recht behalten. Es bringt nichts, gegen diese Zwergerl zu spielen. Brasilien! Italien! Daaas ist doch was ganz anderes. Aber Albanien? Wozu? Wenn man nicht einmal richtig gewinnen kann? Wie? Gewonnen hat man? 2:1? Hat man, aber wie bei anderen Gelegenheiten (München 1974, Rom 1990) war es auch diesmal eine veritable Unsportlichkeit, die der sich "deutsche Nationalmannschaft" nennenden Vereinigung half. Oder was war das, was Kirsten veranstaltete? Etwa ein Foul? Oder nicht vielmehr die gemeine Vortäuschung einer albanischen Unkorrektheit? Kirsten tauchte, und das Spiel war gewonnen. Doch was hat Berti Vogts seither über diesen Skandal verloren? Kein Wort! Und was hat Berti Vogts stets gesagt? Daß er seine Spieler anhalte, keine Unkorrektheiten zu fabrizieren. Und was wäre ohne Elfer rausgekommen? Ein 1:1. Wäre das ein Sieg gewesen? Wohl kaum. Nicht ging nämlich ehrlich durch die Wand der Skipetaren. Darüber, Berti, muß zu reden sein!
Das Ganze ist, no Gaudi, ungefähr mindestens so schlimm wie, sagen wir, ein Versicherungsbetrug oder eine Autoverschiebung. Zumal es nicht das erste Mal passiert ist und man demnach im Juristendeutsch fast von einer veritablen Schieberbande sprechen müßte. Seien wir nicht päpstlicher als der Papst, verhüten wir Vorverurteilungen, doch vermuten wir mit allem Vorbehalt: Unter dem immensen Druck von Goldkettchen und den Raten von diversen Sportwägen gerieten jene jungen Burschen auf die schiefe Bahn. Den Trainer Vogts immerhin hat man stets als ehrbaren, wertkonservativen Rasenmäher schätzen gelernt. Es erscheint sehr unwahrscheinlich, daß er als geistiger Drahtzieher dieses üblen Schurkenstücks oder von sonst irgend etwas in Frage kommt. Dennoch wird die UEFA um einen Abzug kaum herumkommen und nachzudenken haben, ob es nicht geraten ist, dem Vogts das "s" von seinem Nachnamen abzuerkennen, womöglich gar mehr. Weitere Sanktionen: Bevor der Mond zweimal hinter den Albaner Bergen untergegangen sein wird, muß mindestens einer der ergaunerten Punkte beim alten Rraklli abgegeben sein. Bandenführer Kirsten muß in einer Talk-Show gestehen und wird aus den Kulissen direkt zu Partisan Tirana transferiert. Darüber hinaus werden die Fußballwaisen Werner, Dieter und Roman Herzog nicht umhinkommen, in einem offenen Brief im kicker-Sportmagazin das betrogene albanische Volk um Verzeihung zu bitten.
Die bittere, die harte, die desillusionierende Wahrheit: Riesig war mal wieder allein der Betrug. Auch im Kitzbüheler Fernsehsessel muß ER gesehen haben: Die Zwergerl, das sind inzwischen die vom Bert Vogt (1,68m). Martin und Peter Unfried
20.12.1994 | Dienstag | taz Nr. 4498 | Seite 19 | 101 Zeilen | taz-Leibesübungen | VON MARTIN / PETER UNFRIED
Die vollständige Sammlung aller Beiträge von Martin Unfried finden Sie unter:
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